Happy metal….

„Ich werde Metall,“ sagt Omür nach der Veranstaltung und beißt in sein dickes Fladenbrot, „oder Konditor!“
Dass er so begeistert ist, liegt aber nur am Meister.

Der ist nämlich von der ersten bis zur letzten Minute supernett. Er findet es nicht mal schlimm, dass wir verspätet kommen – diesmal waren nur zwei meiner Schüler pünktlich – und versucht sogar unsere Namen zu behalten.
Nur beim Blick auf die Schuhe der Mädchen runzelt er die Stirn. Ballerinas! Ich habe dummerweise auch welche an…..Alle grinsen und ich schäme mich.
FESTES Schuhwerk stand auf dem Begleitschreiben. Könnte ja mal eine Feile oder so drauf fallen!

Der Meister erklärt alles mit einer Engelsgeduld, aber immer nur zwei Leuten, die müssen dann „Meister“ spielen und das Wissen an die anderen weitergeben. Es klappt sogar halbwegs….
Wir bauen ein treppenartiges Objekt, dass man als CD Regal oder so benutzen kann.
Voll cool.
Ich mache natürlich mit und stelle fest, Metall ist anstrengend. Feilen, bohren, abkantieren (macht man das nicht sonst mit Wein?), nieten – alles mit Armschmalz und grauenhaftem Lärm.

Der Meister lobt den Teamgeist der Meinen überschwenglich und erzählt mir, dass die letzte Klasse, die er hatte, wesentlich anstrengender war. Ein Kollege guckt kurz rein und stellt nach wenigen Sekunden fest: „Super – ist ja eine Erholung gegen gestern!“ Er nickt mir anerkennend zu.
Ach, das tut gut, mal gelobt zu werden… Sogar Aynur und Hanna reißen sich zusammen, sie haben außerdem so viel zu tun, dass es kaum Zeit zum Quatschen und Blödsinnmachen gibt.
Der gute Meister lächelt sogar verzeihend, als Gamze sich auf den Boden und Aynur sich auf die Werkbank setzen. Ist ja schließlich auch voll ermüdend, länger als zehn Minuten zu stehen, vallah…!

„Wie lange arbeitet denn wohl die Menschheit schon mit Metall?“ fragt der Meister in die Runde.
„Hundert Jahre?“ sagt Gamze und bestätigt damit mal wieder meine These, dass Jugendliche, genau wie Gott, einfach kein Zeitgefühl haben…..
„Ein Tag ist bei Gott und Gamze wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag“ heißt es doch schon in der Bibel.
(In Frau Freitags Klasse dachte übrigens ein Mädchen, den Fernseher gäbe es bereits seit 10 000 Jahren….!)

Wir sind zwanzig Minuten früher fertig als geplant und müssen nicht mal aufräumen, sondern werden mit guten Wünschen entlassen. Herrlich.

Dummerweise bin ich sofort freiwillig in die Schule gefahren und habe stundenlang mit Frau Herz die Bilder für unsere neue Mensa gerahmt. Frau Herz war übrigens mit ihrer Klasse bei den Glasern und fand es voll langweilig. Ich degegen schwärme von unserem Meister und zertrümmere dabei gleich das Glas des ersten Rahmens. Die Rahmen sind ganz neu, riesengroß und ziemlich teuer….

Frau Herz sieht mich missbilligend an: „Ich fürchte, du bist auch noch nicht ausbildungsfähig, Frl. Krise!“ sagt sie dann und drückt mir einen Besen in die Hand.

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20 Antworten zu Happy metal….

  1. ska schreibt:

    Wer aus dem Glashaus kommt … oder Don’t mess with metal! Aber Sie werden Ihrer Kollegin vermutlich (zumindest innerlich) eher Recht gegeben haben, oder?

  2. Hajo schreibt:

    oha! jetzt wissen wir also, wie Du bei den Kollegen dastehst 😀
    übrigens: „abkantieren“ heisst eigentlich abkanten, mit Tieren hat das nix zu tun 😉
    Liebe Grüße und gute Erholung
    Hajo

  3. Nele schreibt:

    DEkantieren, Mensch! 😉

    Nele

  4. puzzle schreibt:

    Ballerinas sind in Mädchenaugen Arbeitssicherheitsschuhe, große Mädchen einschließlich 😀

  5. EDVler schreibt:

    Bah, wieso hatten wir sowas nicht an unserer Schule? Wir durften nie irgendwas gehen.. hätte ich zwar eh blau gemacht, aber fänd ich voll gut.

  6. Der Referendar schreibt:

    Der Meister hat einen tollen didaktisch-methodischen Ansatz gewählt, wie ich finde. Und dass dann noch Anerkennung für die Person, die tagtäglich die Jugend beackert, herausspringt, ist doch wunderbar. Glückwunsch zum geglückten „Ausflug“!

  7. Sisi schreibt:

    Lob? Wow!

  8. zahnwart schreibt:

    Aussagen wie „Super – ist ja eine Erholung gegen gestern!“ sind doch unglaublich frustrierend. Die meinen doch eigentlich: „Ich weiß gar nicht, was Sie haben, geht doch alles locker, wenn diese Schüler Ihnen schon Probleme bereiten, dann will ich mir gar nicht vorstellen, wie Sie bei einer WIRKLICH schlimmen Klasse ins Schwimmen geraten würden …“ Und hinterher fühlt man sich schlecht, unfähig, im falschen Beruf. Nein?

  9. Frau-Irgendwas-ist-immer schreibt:

    Das aller-aller-allerschlimmste an meiner (ersten) Berufsausbildung – 8 Stunden an der Werkbank stehen und feilen, feilen, feilen. Nach der ersten Woche war ich der Meinung 1.) ich bin sicher 15cm kleiner als vor dem Beginn der Ausbildung und 2.) ich schmeiss‘ die Ausbildung.
    Das ist echt nicht zu unterschätzen mit dem ständigen stehen – und dann soll man/Frau auch noch arbeiten. *uff, schnauf*
    Metall rockt!
    (Ausbildung übrigens abgeschlossen und kein Kerl erzählt mir was über feilen, Bohrer anschleifen und Pumpenreperatur!)

    • Hajo schreibt:

      das geht aber nicht nur den Mädels so: auch ich wurde zum Auftakt meiner Ausbildung mit dem Feilen eines U-Stahls (als Basis eines Schraubstockes) mit Hilfe einer Hieb-Null-Maschinenfeile (in dem Moment zentnerschwer) gequält
      .. aber auch das hat ein Ende und es ist aus mir trotzdem „was halbwegs Anständiges“ geworden – denke ich wenigstens 😀
      also, liebe Frl Krise (oder besser: Deine Kids): nicht aufgeben!

  10. Ich werde Metall? (?_?)

  11. wenn die ausbilder so dringend suchen, dann sollte ömürs wunsch nach metal doch nichts im wege stehen, oder?

  12. Lieblingsschüler schreibt:

    Juhuuu…Ich habe auch mal einen Rechtschreibfehler entdeckt!!! 😀
    „überschwenglich“??? der Überschwang??? 😀
    Tztztz und das als Deutschlehrerin! Hach, das hat mein Ego jetzt wieder aufgeputscht 😉

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