„Entscholdigung! Darf ich Sie mal jet fragen?“
„Ja, bitte!“
„Diese Schuh’…ich mein‘, finde Se, dat die jut an mir usssehe?“
„Ja…äh…ja – vielleicht ein bisschen flach?“
„Die hier sin besser, oder? Ich treck die grad‘ mal an… Moment!“
Leider kann ich die beiden Frauen nicht sehen. Die hohen Schuhregale versperren mir die Aussicht. Ich bin just dabei, mir im Stehen ein Probesöckchen anzuziehen und wackele auf einem Bein hin und her. Stühle gibt’s hier nicht. Dafür haben alle Schuhe vor mir lebensgefährliche Absätze.
„Entscholdigen Se, dat ich Se so einfach anjesprochen han‘, aber manchmal es‘ man sech so unsicher. Bedeenung han‘ die ja hier nit! Furschtbar! Und minge Mann bruch‘ ich och nit ze froge. Hä säht nor immer: ‚ Ja, jut, schön, nemm die doch.’“
„Wie meiner! Die wollen bloß schnell fertig werden und raus aus dem Laden.“
„Die sin‘ all‘ glich, die Mannslück! So, dä hier maht en schmales Bein. Oder?“
„Ja, nein… aber die Farbe… gibt’s den noch in einer anderen Farbe? Ich persönlich finde diese hautfarbenen Schuhe am günstigsten! DIE strecken das Bein!“
„Nee, dä gibb’et nur in schwatz, glööv‘ ich.“
Ich taste mich inzwischen ein paar Schritte auf gefährlich hohen Schuhen am Regal entlang. Bloß nicht umknicken! Wie kann man nur mit solchen Schuhen kilometerweit durch die Stadt laufen? Ich will probieren, wie sich das anfühlt… Sehr unbequem. Und ein ’schmales Bein‘ machen diese Geräte garantiert auch nicht.
Also zurück und ausgezogen. Weg damit!
Ich will jetzt diese beiden Frauen sehen. Die sind offensichtlich ein Stückchen weiter gegangen und ich kann nichts mehr verstehen. In meinen eigenen Schuhen umrunde ich elastisch das Schuhregal.
Da sind sie! Bei Schuhgröße 40/41.
Die Fragende ist eher klein und quadratisch, Mitte fünfzig, schätze ich, die andere ist deutlich jünger, größer, schlanker und mit einem kleinen Mädchen neben sich.
Das Mädchen langweilt sich und tritt leicht gegen die Schuhe, die in einer Reihe vor dem Regal stehen.
„ Leni, lass das!“ sagt die Mutter vollautomatisch. Diese Alliteration hat sie wahrscheinlich schon hunderte Male in Lenis Leben von sich gegeben.
Lein hört nicht auf, aber tritt langsamer.
Die Ältere wiegt unschlüssig einen schwarzen Pumps mit kleinem Absatz in der Hand. „Is och nit ze dür (teuer)“, sagt sie zu sich selbst.
Die Jüngere nickt und schlüpft in ein paar klumpige Schuhe mit Korkabsatz. Sieht schrecklich aus und macht auch kein ’schmales Bein‘, finde ich. Sie dreht und wendet sich unschlüssig vor dem Spiegel. Davon wird der Schuh auch nicht besser.
Leni hopst auf und ab und lächelt mich an.
Ein Mann biegt um die Ecke, klein, stämmig, Halbglatze.
„Rainer!“ sagt die Ältere. “Hast DU jet gefunne?“
„Nä“, sagt Rainer. „Un du?“
„Wie find’ste den?“
„Schön!“
Die Frau seufzt.
Leni legt sich der Länge nach auf den Boden.
Ihre Mutter sieht mich an und ich nicke. Sie rollt mit den Augen.
Drei Frauen im Schuhgeschäft! Ganz normale Shopping queens eben…
Hach wat is et schön..da lacht et rhinländer herz.
Hihi, keine Worte nötig, ein wissender Blick genügt!
Einkaufen ist für Kinder ja noch nie spannend gewesen denke ich.
Mir ist das immer unangenehm, wenn mich im Laden irgendwer nach meiner Meinung fragt, ich finde eh das allermeiste schauderhaft, da kann man nicht wirklich beratend zur Seite stehen.
Ein Hoch auf Zalando!
Wunderbar! Ich hatte das auch schon in der ersten Ferienwoche, leider ohne diesen herrlichen rheinischen Zungenschlag, mit sechs Kolleginnen auf der traditionellen Tour „Kultur & Kaufrausch“. Diesmal hätte es auch heißen können „Wein, Weib und… Schuhe“, denn wir waren in der Pfalz, und da gibt es das Schuhdorf Hauenstein mit einem Factory-Outlet neben dem anderen. Unter drei Stunden ging da gar nix, die Ausbeute belief sich im Schnitt auf zwei Paar pro Person, und niemand hat genervte Blicke gen Himmel geschickt. Das Paradies!
Da kann man aber ein wunderschönes Pfälzisch vernehmen! Ist doch auch wundertoll! Denn aus dieser Ecke komme ich! 🙂
Stimmt. Aber ich bin dessen nicht mächtig, und außerdem könnte man den typischen Singsang mit Buchstaben sowieso nicht darstellen. Schöne Gegend, der Pfälzer Wald, die Weindörfer, Annweiler, der Trifels, Bad Bergzabern und ein Abstecher nach Frankreisch… Schee wars.
Na, ist ja schön, wenn ich alle Dialekte auf EINMAL getroffen hab, dann muss es ja sehr authentisch sein….*seufz.
(Gehört in einem Schuhladen zwischen Aachen und Düsseldorf! )
Na schön..und hier ist noch Schule bis zum 20..ich möchte auch endlich Ferien..morgen noch Konferenzen..
Hat denn Frl Krise auch etwas gekauft??
Ich musste DREI MAL lesen um das zu verstehen – ich habs einfach nicht so mit dem Dialekt. Hmpf.
Der Dialekt rundet die Story harmonisch ab. 🙂
Das ist das Rheinland ♥ – wie ich es liebe und kenne. Danke für diesen Schmunzler am Abend.
„Wie heißt du denn?“ – „Leni!“ – „Und weiter?“ – „Leni Lassdas!“
Harharhar!!!
Rheinländer? Ich hab beim Lesen Siegerländer Platt gehört. Die Rheinländer haben doch irgendwie mehr „sch“s – – oder?!?
Manches hat ein bißchen Ähnlichkeit zum Siegerländer Platt, das hab ich auch gedacht.
Aber da hätten mehr „rrrr“ gefehlt 😉
So ganz eindeutig als „Rheinland“ habe ich das jetzt auch nicht identifiziert… Aber seis drum, et is wie et is – lustisch 😀
Danke, Frl Krise, dass Sie meinen Wunsch von gestern Nachmittag nach Geschichten in Rheinländisch
https://frlkrise.wordpress.com/2012/07/10/mitfahrgelegenheit-2/#comment-16509
umgehend erfüllt haben! 🙂
Hut ab, dass Sie flexibel bleiben und immer wieder Neues ausprobieren – und seien es auch nur Schuhe mit lebensgefährlichen Absätzen. Haben Sie für Ihre (Ex-)Schülerinnen einen Bild gemacht und bei Facebook gepostet? 😉
(war es nicht Nesrin, die Ihnen mal zu hohen Absätzen geraten hatte?)
Aua… natürlich „ein Bild“.
… und war es evt. Gülten, die hohe Absätze empohlen hat?
Gülten -> Bioladen.
Am 1.8. geht’s da los….hach, ich bin gespannt…
Das mit dem Dialekt ist nicht so meins, aber ich lerne immer gerne neue Ausdrücke wie ein ’schmales Bein‘. Am addaptviesten finde ich ’schwatz‘, das könnte bei mir das mittlerweile altbackene ’schwachz‘ ablösen.
Aber was zum … hat es mit dem Titel auf sich? *confused*
Greez Kenni
Die Sendung „Shopping Queens“ läuft momentan Mo-Fr 15 Uhr bei Vox…herrlicher Schwachsinn….
Hach, wie schön.. — Ich hatte mal eine Mitstudentin aus dem Rheinland, und da ich Bayer bin, waren wir für die Berliner sowieso alles „Westdeutsche“ und somit zur Kumpanei verurteilt 😉 . Den Dialekt mal wieder zu lesen (und ihn mir akustisch vorstellen zu können), das baut mich echt auf jetzt, w’allah!
Machen Sie weiter so, Frl. Krise, und als meistens stiller Mitleser freue ich mich auf neue Geschichten aus den Ferien und dem neuen Schuljahr. Leider dauert es hier in Bayern, wohin es mich wieder verschlagen hat, noch ein wenig, bis die Schüler ENDLICH auch Ferien haben und ich als Berufspendler, der dem öffentlichen Nahverkehr zugeneigt ist, mein Leben mal wieder in leeren Zügen genießen kann.
Sehr schön, Shopping Queen live – nur ohne Zeitdruck, Designerkommentar und 500 Euro Budget. Sehr interessant, wie „wenig“ das für manche ist und wie „viel“ andere.
Wenn ich in einen Schuhladen gehe, fühle ich mich wie die kleine Leni.
Da hast du recht, vor allem mit einem Mann, der nichts findet. Da könnte ich die Wand raufgehen! Ich kaufe fast alle Schuhe online, da hat man mehr Auswahl in Größe 37, 5
Schuhe müssen zum weit laufen gemacht sein und gut aussehen!
Ich trage seit 12 Jahren das immer gleiche Schuhmodell: Converse Chuck Taylor All Stars. Das macht einen Besuch im Schuhladen obsolet, vor allem, weil es online billigere Modelle gibt. Dann sitze ich zwar auch öfter mal mehrere Stunden am PC, weil ich die günstigsten Angebote suche und mich bei der Farbe nicht entscheiden kann, aber das ist immer noch erheblich besser als in Schuhläden zu gehen. Meine Mutter hat mich immer mitgeschleppt und meine Oma versucht heute noch, mir endlich mal „vernünftige“ Schuhe anzudrehen, „wie sie ordentliche Mädchen tragen“, aber inzwischen weigere ich mich rigoros. Es ist einfach ZU langweilig, genauso wie dieses dämliche Klischee, dass Frauen von Schuhen besessen sind!
Chucks rule!!!
Nachdem ich gesehen habe, daß meine Mutter nur noch auf Zehenspitzen laufen kann, weil sich durch die Pumps ihre Achillessehnen verkürzt haben, habe ich mich frühzeitig gegen „Mädchenschuhe“ entschieden.
Seit ich ein Kind habe, sind Chucks auch super für den Spielplatz!
Zur Zeit an meinem Fuß: schwarz-weiß gestreifte Chucks, meine Tochter nennt sie die Zebra-Schuhe!
Dazu kann ich eher wenig sagen – vielleicht nur das hier beisteuern:
Halt‘ mal eben…
Stunden später wird der Mann dann doch irgendwie hungrig. Und „a hungry man is an angry man…“ (so jedenfalls Bob Marley)
Und das ist mit „42“, der Lösung auf alle Fragen, auch nicht zu beantworten. 😉
Ich hätt jetzt gesagt, dass das kein Rheinländisch ist…? Aber ich bin Bayerin, ich kann das alles eh nicht so gut auseinanderhalten, was nördlich von Aschaffenburg gesprochen wird.
Holla, da kriegte ich gleich einen kleinen Schreck. 😉
Ich war gestern nämlich auch Schuhe kaufen in einem überfüllten, neu eröffneten Laden bei uns und solche Szenen sind mir zu Hauf begegnet… Und: Ich bin schlank und meine Tochter heißt LENI ! 😉
Heißt dein Tochter denn Leni Lassdas?
Dann warst du es doch am ende 😉
Frauen und Schuhe – eine lebenslange Studie! Vor allem die Frage, wo bringe ich die Schuhe Zuhause unter!
Frl. Krise, nichts gegen ihre wunderbaren Reality-TV-Ersatz-Blogeinträge, aber einige Ihrer Leser sind langsam in Sorge um Ihre Busenfreundin Frau Freitag. Was ist da los? Die treulose Tomate lässt ihren Blog im Moment hängen. Liegt es am Großmuttersein? Am neuen Buch (auf das es auf deren Seite keinen Hinweis gab… dabei wäre das doch eine prima Erinnerung nicht zu vergessen es zu kaufen… )? Wurde sie enttarnt? Wurde sie entführt? Hat sie sich alle 10 Finger getippt? Survival-Urlaub ohne Internet? Wissen Sie da vielleicht etwas, das unsere Sorgen beruhigen könnte?
Ich weiß alles….
Feine Replik auf zuviel Neugierde und Erwartungshaltung! 🙂
@Elli: Hey, es sind Ferien! Wenn Frau Freitag sich erholt, ist sie keine „treulose Tomate“!! … und es gibt sowieso keine Pflicht zu bloggen!
Hat einfach wieder ein Buch herausgebracht: Titel : ‚Frl.Krise, voll krass‘ oder so, und ruht sich jetzt auf ihren Lorbeeren aus.
Ich meinte natürlich: „Frau Freitag, voll streng“
Mein Mann hat (deutlich) mehr Schuhe als ich. Heute ist schon wieder ein neues Paar dazugekommen……….irgendwas mach ich falsch *ratlosamkopfkratz*
Also, für mich „klang“ das auch wie nordisch by nature, aber ich kenn auch kein rheinländisch.. Das Wort „vollautomatisch“ fand ich klasse, schmunzel…