Krawallschachteln…

Freitag Nachmittag. Es ist heiß und niemand mag sich drinnen aufhalten. Ich schon mal gar nicht, denn das Haus, in dem ich wohne, ist z. Zt. eingerüstet und verpackt. Leider nicht von Christo, sondern von einer äußerst lauten und ziemlich schweinisch arbeitenden Truppe. Ich frage mich, wo die herkommen, ihre Sprache ist nicht zu identifizieren. Kein Fenster lässt sich mehr öffnen und mein schöner kleiner Balkon ist auch geschlossen.
Ich nehme also meinen neuen Mäci (!) und fahre in einen Biergarten um die Ecke, der, wie ich staunend feststelle, neuerdings in türkischer Hand ist.
Die Sonne blinzelt durch die Bäume, es riecht angenehm nach Shishatabak (Erdbeere oder Himbeere), ich suche mir ein ruhiges Plätzchen und fange an zu bloggen..

Die beiden etwa 18 jährigen Mädels am Nachbartisch unterhalten sich halblaut in einem abenteuerlichen Sprachmix. Mitten im Satz wechseln sie vom Deutschen ins Türkische und andersrum. Ich fühle mich wie zu Hause – genau der richtige Hintergrund zum Schreiben.
Die eine oder andere Wespe schaut auch vorbei, aber sie sind friedfertig und schwirren bald weiter.
Nicht so am Nachbartisch! Da sind Killerwespen unterwegs.
Sie stürzen sich in selbstmörderischer Absicht in den O-Saft, verfangen sich aus purer Bosheit in den langen Haaren der Mädchen oder fliegen im Rückwärtsgang Angriffe mit gezücktem Stachel.
Die Mädels befinden sich plötzlich voll im Abwehrkampf, alle Minute spingt eine auf, schreit wie bereits gestochen und schlägt mit Speisekarte/Händy/Tasche/Hand/Bierdeckel nach den wilden Tieren.
PENG! Ein Aschenbecker geht zu Boden und zerschellt. Eins der Saftgläser folgt. Die Wespen sammeln sich zur Attacke….
Ich gucke mit therapeutischem Blick (bilde ich mir ein) rüber. Eins der Mädchen fängt meinen Blick auf und schreit: „Vallah – hier sind voll die Bienen!“
„Wespen, das sind Wespen“ sagt die Biologielehrerin, aber niemand hört auf mich. Die Mädels wetzen um den Tisch, kreischen, wedeln und sind voll hysterisch. Eine klatscht immerzu hektisch in die Hände.
Die würde ich auf jeden Fall zuerst stechen, wenn ich Wespe wäre, denke ich hartherzig.

Das Lokal amüsiert sich…

Ein Kellner kommt gemütlich angeschlufft und hebt im Zeitlupentempo die Scherben auf.
„Tschüüüüüch, ist doch nicht so schlimm, Bienen,“ sagt er und zeigt seine Hand, „guck hier, ich hab Stich von gestern.“
„Aber ich hab Allergie! Ich muss dann Krankenhaus!“ faucht die dickere von beiden, die schon ganz echauffiert ist und ein knallrotes Gesicht hat und packt unter Getöse ihre Siebensachen zusammen.

Als sie endlich weg sind, wird es wieder friedlich.

So friedlich, dass mein Artikel von gestern -sorry – wohl etwas zu lang wurde…

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36 Antworten zu Krawallschachteln…

  1. frau freitag schreibt:

    bei dem regen sitzt du im biergarten? wie das?

  2. Sana schreibt:

    zu viel geht nicht, frl krise – mehr ist besser 😉

  3. Nini schreibt:

    Zur Verteidigung des hysterischen Mädels sei gesagt: Wenn man auf Wespenstiche allergisch reagiert, ist das wirklich nicht schön, zumal dieses Jahr anscheinend das Jahr der Wespe ist – soviele gibt es von den Biestern.

    LG
    Nini
    (die auch ihrer jüngsten, noch nicht ganz 3jährigen Tochter die Worte „anaphylaktischer Schock“ beigebracht hat, damit sie den Notarzt entsprechend instruieren kann, sollte Mama von einer Wespe gestochen werden…)

  4. Backspin schreibt:

    Ich fand den Artikel von gestern auch nicht zu lang. 😉

    Die Wespen sind dieses Jahr aber echt schlimm! So viele wie dieses Jahr hatte ich noch nie in der Wohnung und draußen essen/trinken ohne das welche kommen ist fast unmöglichen. Trotzdem ist es kein Grund wie die Mädels so abzugehen. 😀

  5. zweitesselbst schreibt:

    ah du bist begabt frl.krise. zumindest sone Geschichte zu erzählen. (H)

  6. Dirk schreibt:

    Für mich dummen Schüler (ich hab damals Biologie abgewählt, vallah, da musste man immer voll lernen und so), was war nochmal der Unterschied zwischen Biene und Wespe?

    Mich hat vor zwei Tagen, bei dem Versuch meine Bettlektüre aufzuschlagen (irgendwie hat sie das aufgeschreckt), eine von diesen Dingern (Biene/Wespe, Problem siehe oben) gestochen und das wär schon blöd. Aber ich vermute, sie mochte nur kein Kafka. Kann man ja verstehen.

    • frlkrise schreibt:

      zur Optik: Biene ist pummelig und braun-schwarz, Wespe schlank und gelb-schwarz. (Die Biene Maja ist dummerweise auch gelb-schwarz, das ist aber richtig falsch!)

    • ph0ebebuff4y schreibt:

      Außerdem haben Bienen Fell. (Ich hab‘ den Unterschied auch erst vor einem Jahr kapiert). Und sie sind auch lange nicht so aufdringlich wie Wespen.

  7. Herr Gi schreibt:

    Glühstrumpf zum Mac!

    • Der Ernst des Lebens schreibt:

      Was gibts am Mac zu gratulieren? Überteuertes Spielzeug für LehrerInnen (wohl um zu verhindern, dass Dokumente kompatibel sind) und Pseudo-Designer…

  8. praline schreibt:

    So panisch zu reagieren und nach den Wespen zu schlagen, ist natürlich die allerbeste Möglichkeit, von ihnen gestochen zu werden. Wir sitzen auf unserem Balkon in einer Einflugschneise zu Ihrem Nest im Jalousienkasten und leben ganz friedlich miteinander. Wenn sie beim Essen auf dem Teller rumkrabbeln (sie lieben Schweinefleisch über alles) bekommen sie ein Stückchen zur Seite gelegt und sie säbeln sich ganz ruhig und gemütlich ihre Beute ab.

    Fragen Sie doch mal die sich so hysterisch gebärdenden Menschen, wie sie denn reagieren würden, käme eine Gruppe auf sie zu und würde nach Ihnen schlagen. Vielleicht hilt diese Überlegung.

  9. shivani schreibt:

    Herzerfrischend Ihre Beiträge, Frau Kollegin!

  10. Frau X. schreibt:

    So schöööön! Wie im richtigen Leben 🙂

    Ich lausche solchen interlinguistischen Gesprächen jeden Dienstmorgen in der Bahn (zwangsweise, da diese immer sehr laut geführt werden) und ärgere mich jedes Mal darüber, dass ich kein Türkisch kann. Andererseits sehe ich die Nowendigkeit dann doch nicht so richtig ein, diese Anstrengung des Sprachelernens für Teenagergespräche auf mich zu nehmen. So ein bißchen faul wird man ja mit zunehmendem Alter denn doch 🙂

  11. Ulla 39 schreibt:

    Vielleicht haben sich die Wespen des Haarsprays wegen in den Haaren verfangen. Das scheinen sie zu mögen, krieg ich auf der Terrasse zu spüren, wenn ich die Haare frisch gewaschen und gesprüht habe, wo sie ansonsten in friedlicher Koexistenz – ihr Nest 1,5 m von unserem Tisch ( ohne Essen!!!) entfernt – mit uns leben. Das Nest haben sie übrigens mit Teakholz gebaut, das sie aus unserem Tisch herausgenagt haben…

  12. Mrs. Porcelain schreibt:

    Krawallschachteln – super Name heute hihihi!

  13. Summer schreibt:

    Hallo Frl. Krise,
    wenn Ihnen am Wochenende mal langweilig sein sollte (ich weiß, dass passiert nicht so oft). Schauen Sie doch mal bitte auf meinen Blog unter „Summer macht mit“. Ich habe Sie getaggt und würde Sie bitten bei diesem „modernen Blogspiel“ mitzumachen ;-)) Ist auch ganz leicht und für Ihre Leserschaft springt sicher ein toller, großartiger, unterhaltsamer Artikel bei raus.
    Liebe Grüße
    Summer

  14. hollaender schreibt:

    Die Mädels haben bestimmt nicht gemerkt, dass das gesamte Lokal sich über sie bzw. ihr (dummes) Verhalten amüsiert hat. Ich bin mir aber sicher, dass die Dicke(re) KEINE Bienen- / Wespenallergie hat.

  15. christaschule2010 schreibt:

    ich mag den heutigen Titel ! Und zu lang, war das sicher nicht, hätte sogar noch ein Weilchen lesen können.

  16. Ulla 39 schreibt:

    Sie haben geschrieben „…sondern von einer äußerst lauten und ziemlich schweinisch arbeitenden Truppe. Ich frage mich, wo die herkommen, ihre Sprache ist nicht zu identifizieren.“
    Hm, liebe Krisi, ist glüklicherweise sonst nicht ihr Stil, sich so zu äußern. Obwohl ich’s Ihnen nachfühlen kann; wir haben seit Wochen solch eine Truppe, allerdings sehr akkurat arbeitend, nebenan. Ob es mich weniger stören würde, wenn sie Deutsch sprechen würden? Jedenfalls würden sie mich verstehen, wenn ich was sagen würde…

    • frlkrise schreibt:

      Ja, ich bin ein bisschen erbittert. Ihre Nationalität ist mir schnurzegal. Ich finde es aber daneben, wenn man an keine Mülltonne mehr ran kann, die Papiermülltonne als Wasserbottich fungiert, alles voller Kippen liegt, die Fenster mangelhaft oder gar nicht abgeklebt werden, nicht einmal gekehrt wird und sie z.B. alle unsere Fahrräder (in den Ferien, ich war weg) auf einen Haufen schmeißen und achtlos über und über mit Putz bekleckern. Als ich dann kam und die „Herausgabe“ meines Rads verlangte, guckten alle weg und keiner rührte sich, bis endl. ein älterer Mann mir half. Zum Glück ist ein Ende in Sicht.

      • Ulla 39 schreibt:

        Liebe Krisi, hab‘ nen gemeinen Vorschlag: Vielleicht können Sie mal einen oder zwei Polizisten dafür gewinnen, daß sie mal vorbeischauen? Die wirken oft Wunder. Warum, das brauche ich wohl nicht länger ausführen.

      • frlkrise schreibt:

        Wie jetzt? Wegen der Wespen?

  17. Ulla 39 schreibt:

    Fragen Sie im Ernst?? Der Anblick von Polizisten hat in der Regel eine bestimmte Wirkung auf Bauarbeiter aus Nicht-Deutschland, zumindest in so mancher Großstadt…

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